Freiheit in Christus im `Gefängnisland´
Eritrea

Freiheit in Christus im `Gefängnisland´

Zwei Jahrzehnte lang befand sich Eritrea in einem eingefrorenen Grenzkonflikt mit Äthiopien. Jetzt haben das diktatorisch regierte Eritrea und Äthiopien Frieden geschlossen. Aber an der Lage der Christen wird sich wohl wenig ändern in diesem Land, das als eine Art Nordkorea auf dem afrikanischen Kontinent gilt. Laut dem Jahresbericht 2018 der US-Kommission für Internationale Religionsfreiheit zählt Eritrea zu den 16 Staaten, in denen die Religionsfreiheit am stärksten missachtet wird.

Aber auch wenn Christen getötet, eingesperrt oder vertrieben werden, halten viele Eritreer an ihrem Glauben fest und verkünden mutig das Evangelium.

Pastor Haile Nayzgi, Leiter von Eritreas Full Gospel Church, wurde 2004 verhaftet

Yemane: ein furchtloser Christ

Yemane starrte auf den Himmel, der durch ein Loch in der Decke zu sehen war. Seine Hände waren gefesselt und seine Kehle war nach Stunden ohne Wasser ausgedörrt.

Yemane war nicht zum ersten Mal in einem Verlies als Strafe dafür, dass er seinen Glauben nicht verleugnen wollte. Im Alter von 35 Jahren war er eingezogen worden und diente als Soldat während des zweieinhalbjährigen Krieges mit Äthiopien.

Obwohl es  verboten war, sprach Yemane mit seinen Kameraden über das Evangelium. Fünf Mal wurde er dafür im Kasernen-Verlies eingesperrt. So ging das neun Jahre lang. Schließlich steckten ihn seine Vorgesetzten für die nächsten drei Jahre ins Militärgefängnis Adi Nefas. Dort waren die Bedingungen brutal und unmenschlich. Die Gefangenen mussten auf Zeitungen schlafen; keiner hatte ein Bett. Die Männer teilten sich eine Plastikflasche als Urinal.

Von den 1.000 Häftlingen waren nur zehn Christen. Aber Yemane hatte eine kleine Taschenbibel hineingeschmuggelt. Die zerriss er in vier Teile und konnte so die Bibel besser verstecken.

„Ich dachte an Jesus am Kreuz und fühlte nicht den Schmerz."

Zusammen mit einer kleinen Gruppe von Gläubigen las er regelmäßig die Bibel. Außerdem teilte er das Evangelium mit anderen Häftlingen. „Wenn ich beim Predigen erwischt wurde“, so Yemane, "schlugen mich die Soldaten. Aber ich dachte an Jesus am Kreuz und fühlte nicht den Schmerz."

Die Gefängnisleitung war verärgert über Yemanes Kühnheit. Schließlich sperrten sie ihn in einen winzigen Raum aus nacktem Beton. Ab und an erlaubten sie ihm, anderen Gefangenen die Haare zu schneiden. Aber Yemane predigte auch bei dieser Tätigkeit.

Schlaganfall und 14 Tage im Koma

Als die Gefängnisleitung davon Wind bekam, strichen sie das  Privileg  und legten ihm Handschellen an. Die musste er auch beim Essen, Waschen und auf der Toilette tragen.

Nach sechs Monaten Einzelhaft bei unerträglicher Hitze und wenigen Getränken erlitt Yemane einen Schlaganfall. "Ich bin ins Koma gefallen", sagt Yemane, "und war 14 Tage lang bewusstlos."

Der Schlaganfall führte zu einer so schweren Behinderung, dass er im Juli 2012 entlassen wurde. Die Behörden entlassen oft sehr kranke Gefangene, weil diejenigen, die im Gefängnis sterben, manchmal als Helden betrachtet werden.

Zwei Jahre nach seiner Freilassung erhielt Yemane die Erlaubnis, sich außerhalb des Landes einer medizinischen Behandlung unterziehen zu dürfen. Heute lebt er in einem Flüchtlingslager im Nachbarland Äthiopien, Heimat von mehr als 30.000 Eritreern, die geflohen sind.

Dr. Kiflu Gebremeskel von Eritrea’s Full Gospel Church wurde 2004 verhaftet
Kidane Weldou von Eritrea’s Full Gospel Church wurde 2005 verhaftet

Ungebrochener Wille, dem HERRN zu dienen

Yemane hat ein kleines Geschäft eröffnet und verkauft von seinem Rollstuhl aus Scheren und Kämme – auf einem kleinen Tisch entlang des Bürgersteigs. Obwohl er selbst kaum etwas besitzt, verschenkt er fast alles, was er verdient und kümmert sich auch um Straßenkinder. Er ist auch ein engagiertes Mitglied einer örtlichen Kirchengemeinde und sehr beliebt.

Unsere Partner vor Ort helfen ihm, die Kosten einer Physiotherapie zu tragen, um seine anhaltenden Gesundheitsprobleme zu lindern.

"Betet für meine Heilung, damit ich dem HERRN dienen kann", sagte er. "Betet für die Menschen in Eritrea, dass sie in Freiheit leben können.“

Helen: Lobpreislieder unter Folter

Helen Berhane fühlte sich dem Bibelwort aus Römer 1,16 verpflichtet: „…ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben….“

Und so sprach sie über das Evangelium, wo immer sich eine Gelegenheit bot. Doch als die Regierung 2003 prominente Kirchenführer verhaftete und später auch Gemeindemitglieder verfolgte, schloss sich Helen einer Untergrundgemeinde an.

Für sie veröffentlichte Helen, eine talentierte Gospel-Sängerin, 2004 ein Album mit Gospelmusik. Das blieb den Behörden nicht verborgen.

Um zwei Uhr morgens stürmten Soldaten Helens Bibelkreis und verhafteten alle Anwesenden. "Die Soldaten haben uns brutal geschlagen und ins Gefängnis geworfen.“

Container-Zelle und die Kraft Gottes

Helens Gefängnis war ein sogenannter "Abschwör-Container". Dort werden Christen so lange gesperrt und von Staatsdienern bearbeitet, bis sie ihrem Glauben abschwören. Dort war Helen zeitweise mit so vielen Frauen eingesperrt, dass sie sich nicht einmal hinlegen konnte. Helens Vernehmungsbeamte versuchten wiederholt, sie zu zwingen, ihrem christlichen Glauben abzuschwören. Sie schlugen sie und fesselten sie fünf Tage lang an eine Stange, wo sie der unerbittlichen Wüstensonne ausgesetzt war. „Ich ertrug die entsetzlichen Qualen, weil Gott mir die Kraft gab", sagt sie.

Nach zwei Jahren Gefängnis wurde Helen aus gesundheitlichen Gründen entlassen; ihre Beine waren wegen der schweren Folter unbeweglich geworden. Sie verließ das Land kurz nach ihrer Haftentlassung im Rollstuhl. Aber dank einer Therapie kann sie heute wieder gehen und lobt ihre Heilung als Geschenk Gottes.

Mulu: Nie mehr schweigen

Mulu Suleman und ihr Ehemann, Kiros, waren aktive Kirchenmitglieder. Im Jahr 2000 wurde Kiros verhaftet – und 2004 zusammen mit anderen Gläubigen hingerichtet.

Mulu setzte trotzig ihre Besuche bei einer Kirchengemeinde fort. Dafür wurde sie zwischen 2004 und 2012 immer wieder eingesperrt – und gefoltert, um ihren Glauben abzulegen. "Wie hätte ich das tun können?", sagte sie. "Lieber würde ich sterben."

Jede Nacht holten die Gefängniswächter Frauen aus den Zellen und vergewaltigen sie. "Sie schlugen auch mich und vergingen sich an mir", sagt Mulu.

Sie wurde 2013 nach schwerer Krankheit aus der Haft entlassen und traf mit ihrem Sohn eine gefährliche Entscheidung: Flucht.

Mulu und ihr Sohn leben heute in einem von vier Flüchtlingscamps in Äthiopien. Sie ist immer noch traumatisiert, doch sie möchte die Welt wissen lassen, wie in Eritrea Christen misshandelt werden. „Ich werde nicht schweigen“, sagt sie. “Ich möchte den Christen in meiner Heimat helfen. Denn viele sterben in der Haft.“

Afewerki: Vergebung für die Mörder seiner Frau

Dies ist Afewerki Negassi nur allzu sehr bewusst. Er wird jeden Tag daran erinnert, wenn er seine vier mutterlosen Kinder sieht.

Afewerkis Frau, Fkadu, war am 14. Mai 2017 verhaftet worden, weil sie an einem  Gebetstreffen teilgenommen hatte. "Alle inhaftierten Frauen wurden krank, besonders meine Frau", erinnert sich Afewerki. Am 8. August 2017 brach Fkadu zusammen, wurde aus dem Lager gebracht und Afewerki sah sie nie wieder. Später erfuhr er, dass sie gestorben war.

„Meine Frau ist eine Märtyrerin“

Auch Afewerki kam ins Gefängnis. Die Haftbedingungen waren grauenvoll. Es gab wenig zu essen, schlammiges Flusswasser zu trinken. Darüber hinaus wurden die Häftlinge regelmäßig geschlagen.

Nach seiner Entlassung beschloss Afewerki, dem Beispiel seiner Frau zu folgen. "Zuhause habe ich geweint und geweint", sagte er. "Aber ich bin glücklich, dass meine Frau eine Märtyrerin ist; dass sie für Christus gestorben ist.“

Die Behörden warnten ihn, an Gebetstreffen teilzunehmen. Doch er sagt: "Ich werde nicht aufhören zu beten. Ich werde davon berichten, dass der Herr der Weg ist, die Wahrheit und das Leben.“

Ihm war klar, dass er wieder festgenommen werden würde. Da entschied er sich, das Land zu verlassen. Die Familie bewegte sich nur nachts und versteckte sich tagsüber in Höhlen "Meine Kinder weinten und wir beteten ohne Unterlass ", sagte er.

„ Das Kreuz auf sich nehmen“

Wie durch ein Wunder erreichte die fünfköpfige Familie Äthiopien, wo sie jetzt in einem Flüchtlingslager lebt. Zumindest dort können die Kinder ohne Angst im Kirchenchor singen.

"Die Bibel hat uns gelehrt, dass wir das Kreuz auf uns nehmen sollen", sagt Afewerki. "Wir müssen – so wie meine Frau – unser Leben für Christus hingeben. Dies ist die Geschichte des Christentums. Es ist nichts Neues.“

„Betet für die Regierung“

Afewerki weiß nicht, was die Zukunft für ihn und seine Familie bereithält. Aber er vertraut darauf, dass der HERR für ihn und seine Kinder sorgen wird. Er bittet uns, für Eritrea und besonders für  die leidenden eritreischen Christen zu beten. Er ermutigt uns auch dazu, für die eritreische Regierung zu beten, anstatt sie zu verfluchen. "Ich hasse sie nicht, weil sie meine Frau gefoltert haben ", sagte er. „Sie wussten nicht, was sie taten. Ich wünsche mir, dass alle Christen auf der Welt dafür beten, dass unsere Regierung bekehrt wird. "

Afewerkis Gefühl ist unter den eritreischen Gläubigen weit verbreitet. Obwohl sie sehr gelitten haben, lieben sie diejenigen, die für ihr Leid verantwortlich sind.

Helena Berhane hat Tränen in ihren Augen. "Wenn ich den Präsidenten von Eritrea treffen würde, dann würde ich  ihm sagen, wie sehr ich ihn liebe. Und ich bin sicher, dass jene Menschen, die gefoltert wurden, die besten Gläubigen werden ... weil Jesus für jeden von ihnen gestorben ist."

Ein christliches Herz lässt sich nicht einsperren

Flüchtlinge haben in Interviews immer wieder gesagt: „Eritrea ist ein großes Gefängnis.“ Aber viele Christen wie Yemane, Helen, Mulu und Afewerki sind bereit, alles zu opfern für Christus. Anstatt die Gläubigen zum Schweigen zu bringen, hat die Verfolgung sie in ihrer Hinwendung zu Jesus nur noch bestärkt. Eine wachsende Zahl von Eritreern weiß, dass auch ein „Gefängnis-Land“ kein Herz einsperren kann, das Freiheit in Christus gefunden hat.

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