Das Licht des Evangeliums leuchtet
Indien

Das Licht des Evangeliums leuchtet

Nimata Pradhans Ehemann wurde von fanatischen Hindus getötet, als diese während der Unruhen in Odisha 2008 versuchten, die Christen aus ihrem Gebiet zu vertreiben

Als Puspanjali mit ihrer Tochter Monalisa am 24. August 2008 von der Kirche nach Hause ging, wusste sie nicht, dass ihr Ehemann gerade in Lebensgefahr war: Pastor Dibya Digal hatte den Gottesdienst in seiner Gemeinde in Kandhamal, Odisha (damals noch Orissa) beendet, als ihm zu Ohren kam, dass eine wütende Menge fanatischer Hindus sich dem Kirchengebäude näherte.

Er fand Zuflucht im Haus eines Freundes, wo er sich anschließend zwei Tage lang versteckt hielt – bis ein Bruder seines Freundes, der kein Christ war, den wütenden Hindus das Versteck verriet. Kurze Zeit später stürzten sich etwa 200 Männer auf das Gebäude und zerrten Dibya mit einem Tuch um den Hals auf den Hof. „Widerrufe deinen Glauben an Jesus! Du bist doch nur hergekommen, um zu missionieren!“, sagte einer der Männer. „Verwerfe deinen Glauben – vor unseren Augen!“

„Das kann ich nicht“, antwortete Dibya. Daraufhin prügelten die Männer mit Eisenstangen und Steinen auf ihn ein, bis er starb. Anschließend schleiften sie seine Leiche in einen nahegelegenen Bach.

Puspanjali und Monalisa suchten am nächsten Tag erfolglos nach Dibya. Als sie schließlich ein Kirchenmitglied fragten, erhielten sie die niederschmetternde Antwort: „Er wurde gestern Nacht getötet.“ Später fanden sie die Leiche von Dibya am Ufer des Baches, aus dem man sie geborgen hatte. „Gott weiß, was passiert ist und warum“, tröstete Puspanjali ihre Tochter, während diese neben der Leiche ihres Vaters weinte. „Gott wird für uns sorgen.“

Trotz ihres gebrochenen Herzens hielt Monalisa an ihrem Glauben fest. „Wenn sie uns auch so wie Papa umbringen wollen, dann mach dir keine Sorgen: Wir werden Jesus ebenfalls treu bleiben“, sagte sie. Die Hindus vor Ort verboten ihnen, Dibyas Leichnam zu beerdigen. Also hielten einige Kirchenmitglieder einen kurzen Beerdigungsgottesdienst für den Pastor ab.

Nalini verlor ihren Ehemann Freedmon am 25. August 2008. Er war mit zwei weiteren Pastoren auf dem Heimweg von einem Gebetstreffen und ein Busstreik hatte sie dazu gezwungen, zu Fuß durch den Wald zu gehen. Bevor sie jedoch zu Hause ankamen, verfolgte eine Gruppe von Hindus sie und brachte sie um. Ungefähr zur selben Zeit griffen fanatische Hindus das Dorf, in dem Nalini und Freedmon lebten, an. Sie brachen in ihr Haus ein, nahmen alle Nahrungsmittel mit und brannten das Gebäude anschließend nieder. Nalini, ihre fünfzehnjährige Tochter und viele weitere Dorfbewohner flohen in den Wald, wo sie sich drei Tage lang ohne Essen und Trinken versteckt hielten.

Nalini ging davon aus, dass Freedmon sich anderswo versteckt hielt und sie schließlich anrufen würde. In der Zwischenzeit fanden sie und ihre Tochter Unterschlupf, Nahrung und Kleidung in einem Flüchtlingscamp, dass die indische Regierung für die Opfer der Ausschreitungen errichtet hatte. Dort hörte sie dann zufällig vom Tod ihres Mannes. Wenige Tage später fanden die Behörden die Überreste von Freedmons Leiche.

In ganz Odisha zogen in den Tagen nach der Ermordung des Vorsitzenden des Hinduistischen Weltrats, Swami Laxmanananda Saraswati, am 23. August zahllose aufgebrachte Hindus randalierend durch die Gegend mit dem Ziel, Christen zu vertreiben – obwohl maoistische Guerillas sich zu dieser Tat bekannt hatten. In der Regel handelte es sich um Anhänger der sogenannten „Hindutva-Bewegung“: Sie streben einen hinduistischen Gottesstaat an, in dem religiöse Minderheiten, also auch Christen, keine Existenzberechtigung haben. Das Evangelium, so meinen sie, stelle für Indiens hinduistische Identität eine Bedrohung dar. In den Tag nach Saraswatis Ermordung griffen fanatisierte Hindus mehr als 600 Dörfer an, zerstörten Hunderte von Kirchen und brandschatzten knapp 6.000 Häuser. Etwa 56.000 Menschen wurden obdachlos. Mehr als 18.000 Menschen wurden verletzt. Über 100 Menschen verloren ihr Leben.

Seit den Ausschreitungen in Odisha hat der hinduistische Nationalismus in Indien immer weiter zugenommen. In fast jedem Dorf gibt es mindestens einen Spitzel der Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS), einer nationalistisch-hinduistischen Organisation, die sich auf die Fahne geschrieben hat, Indiens hinduistische Lebensweise zu bewahren. Die Mitgliederzahlen der RSS sind stetig gewachsen, seitdem Premierminiester Narendra Modi, ebenfalls ein Mitglied der RSS, 2014 in sein Amt eingeführt wurde. Seine hinduistisch-nationalistische Partei BJP bestimmt heute die Politik Indiens. Und auch sie hat in den letzten Jahren stark an Macht und Einfluss gewonnen. Millionen unserer christlichen Brüder und Schwestern in Indien leben unter lokalen Regierungen, die alle ein gemeinsames Ziel haben: die Beseitigung des Christentums.

Es ist teilweise diesem hinduistischen Nationalismus geschuldet, dass viele, die an den Ausschreitungen in Odisha beteiligt waren, nie zur Verantwortung gezogen wurden. Diejenigen, die Freedmon und Dibya getötet haben, sind nie verurteilt worden.

Fanatische Hindus brandschatzten während der anti-christlichen Unruhen 2008 in Odisha tausende von Häusern, rund 56.000 Menschen wurden obdachlos
Eine christliche Frau, die ihren Mann bei den Unruhen verloren hat

Den Blick nach vorn auf Jesus

Puspanjali wusste, warum die wütenden Hindus es auf ihren Mann abgesehen hatten, und eine Zeit lang war sie stolz darauf, dass Dibya dafür gestorben war, das Evangelium in Odisha treu weitergegeben zu haben. „Als mein Mann dort mit seiner Arbeit begann, waren nur acht Familien Christen“, sagt sie. „Wenn Menschen krank waren, betete er für sie, und es geschahen Wunder. Nur ein paar Monate später waren 28 Familien zum Herrn gekommen. Das ist der Grund, warum er getötet wurde“.

Nur wenige Tage nach der Ermordung Dibyas klopften Hindu-Extremisten an Puspanjalis Tür. Als sie nicht antwortete, gossen sie Kerosin über das Haus. Ein Nachbar konnte in letzter Sekunde eingreifen und sie daran hindern, das Haus in Brand zu stecken. Aus Sorge um ihre Sicherheit verließen Puspanjali und ihre Tochter schließlich ihr Dorf und zogen zu Puspanjalis Eltern, die zur Kaste der Brahmanen gehören. Die Brahmanen, oft hinduistische Priester, sind die höchste Kaste im Hinduismus. Sie kümmern sich in der Regel darum, dass die hinduistische Religion gelehrt und bewahrt wird.

Während sie bei ihren Eltern lebte, entfernte sich Puspanjali immer mehr von ihrem christlichen Glauben. Sie fing sogar wieder an, hinduistische Götzen zu verehren. Bis sie plötzlich gesundheitliche Probleme bekam: „Ich war von den Hüften bis zu den Füßen abwärts gelähmt und konnte nicht mehr laufen“, erzählt sie. „In dieser Zeit brachte mich mein Bruder zu vielen Ärzten, die mir alle nicht helfen konnten. Schließlich weinte ich und betete: ‚Herr, ich will in die Gegend zurückkehren, in der mein Mann als Pastor gearbeitet hat; ich habe gesündigt, weil ich dich verleugnet habe.‘“

Anfang 2013 kehrte sie in ihr Dorf zurück. In dem Maße, wie sie sich wieder Christus näherte, las sie auch wieder mehr in der Bibel. Verse wie Jesaja 41,10 haben sie in Zeiten der Angst besonders gestärkt: „Fürchte dich nicht, ich bin mit dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich halte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit.“

Puspanjali setzt den Dienst ihres Mannes in ihrem Dorf fort. Ihre heute 22-jährige Tochter Monalisa, die inzwischen einen Sohn hat, lebt allerdings woanders. Sie ist nicht zum Glauben an Christus zurückgekehrt, aber Puspanjali sieht sie gelegentlich.

Da sie mit Diabetes und anderen Krankheiten zu kämpfen hat, ist ihr Gebet vor allem, dass sie bis zu ihrem Tod in der Lage ist, das Evangelium in ihrer Gegend weiterzuverbreiten. „Ich möchte dem Herrn dienen“, sagt Puspanjali. „Bitte betet, dass Gott mich bewahrt. Ich lebe allein. Alles, was ich benötige, ist ein Ort, an dem ich begraben werde, wenn ich sterbe.“

Während ihrer zehn Monate im Flüchtlingslager fanden Nalini und zwei weitere Witwen Trost in ihrem geteilten Schicksal. „Wir weinten gemeinsam und viele Leute kamen, um uns zu trösten“, erinnert sich Nalini. „Aber ich dachte nur daran, wie düster meine Zukunft aussah.“ Als sie auf die Knie ging und Gott ihr Leid klagte, fühlte sie, wie er zu ihr sprach, dass sie ihm treu bleiben und sich ganz auf ihn verlassen solle.

Einige Freunde halfen ihr bei Reparaturen und so konnte sie zusammen mit ihrer Tochter (jetzt 26) zurück in ihr Haus ziehen. Sie bittet um Gebet für ihre Familie, während sie versuchen, Licht in der Dunkelheit um sie herum zu sein. „Ich möchte ganz und gar dem Herrn vertrauen und ihm dienen“, erklärt sie. Groll hegt sie den Männern gegenüber, die ihren Mann ermordet, ihr Haus zerstört und all ihren Besitz gestohlen haben, keinen: „Wie könnte ich zu Jesus halten und gleichzeitig in Zorn leben?“

Seit vielen Jahren unterstützt die HMK mithilfe von zahlreichen Projekten die Christen in Indien. Speziell in Odisha, wo die Unruhen 2008 stattfanden, haben wir die vielen Binnenflüchtlinge mit Decken, Nahrungsmitteln und Kleidung versorgt und den Christen geholfen, ihre Häuser und Kirchen wieder aufzubauen. Mit diversen Ausbildungsmöglichkeiten kümmern wir uns bis heute darum, dass sie aus ihrer Armut herauskommen und eröffnen ihnen eine nachhaltige Möglichkeit, sich eine eigene Existenz aufzubauen.

Aktivisten der indischen Partei Bharatiya Janata und von Vishwa Hindu Parishad, einer hinduistischen Hardline-Gruppe, während eines Protests

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