Von den verfolgten Christen lernen
Iran

Von den verfolgten Christen lernen

Für die Tochter von Soro und Ali war die Verhaftung ihrer Eltern ein traumatisches Erlebnis. Heute dient sie der iranischen Kirche vom Ausland aus.

Soro* zog die Vorhänge zu -  in Vorbereitung auf das Gemeindetreffen. Schließlich versperrte sie die Tür und verstopfte die Schwelle mit aufgerollten Handtüchern. Nicht der geringste Laut sollte nach draußen dringen. Im Iran werden ehemalige Muslime verhaftet, isoliert, misshandelt und gefoltert. Einige Apostaten sind "verschwunden".

Die christlichen Gemeinden des Iran gehören zu den ältesten christlichen Gemeinschaften weltweit - und auch zu den am schnellsten wachsenden Gemeinden. Nach Recherchen unserer Partnerorganisation „Voice of the Martyrs“ (VOM) ist die iranische Kirche die wohl am schnellsten wachsende Kirche der Welt, wobei die absoluten Zahlen immer noch gering sind. Bei einer Bevölkerung von rund 80 Millionen gibt es VOM-Schätzungen zufolge zwischen 250.000 und einer Million Christen  – obwohl jedem Konvertiten das Gefängnis und der Tod drohen.

„Der Grund für die starke Verfolgung ist, dass die Kirche im Iran so schnell wächst und auch das ist eine Bedrohung für die Regierung“, so VOM.

Große Sorge um die Kinder

Soro und Ali war bewusst, wie gefährlich es sein würde, im Iran als Christ zu leben – vor allem mit Kindern. "Es ist eine tiefgreifende Erfahrung, Gott zu vertrauen, wenn man eine Familie hat ", sagte Soro.

Soro und Ali begannen ihren Dienst, indem sie Alis Familie sanft vom christlichen Glauben erzählten. Vorsichtig erweiterten sie ihren Dienst – und eine Gemeinde wuchs heran. Sie betete, las die Heilige Schrift, lauschte dem Bibel-Unterricht und sang Anbetungslieder – allerdings mit gedämpfter Stimme.

Nachdem der letzte Gast gegangen war, schloss Soro die Tür und atmete erleichtert auf. Ein weiteres Treffen ohne Razzia….

Geheime Taufe

Angesichts der Risiken trafen sie Vorsichtsmaßnahmen; z.B. indem sie keine Listen der Gemeindemitglieder anlegten. Von neuen Gläubigen verlangen sie geistliche Reife, die Taufe und eine offene Ablehnung des früheren islamischen Glaubens. „Der Gott der Bibel ist nicht der Gott des Islam“, so Ali. „Die Muslime müssen ihre gesamte Denkweise verändern, ihre Perspektive über Gott.“

Die geheimen Taufen finden frühmorgens statt – vorsichtshalber mit nur einem oder zwei anderen Gläubigen als `Taufpaten´. Bevor er einen neuen Gläubigen tauft, stellt Ali immer eine letzte Frage: "Bist du bereit, dein Leben für Jesus hinzugeben?“ Im hat Iran hat diese Frage eine große Bedeutung, so Ali.

Die Verhaftung

Bald reiste Ali immer häufiger und immer weiter weg, um neue Apostaten zu treffen. Aber das Engagement erhöhte die Gefahr, entdeckt zu werden. In den Nächten betete Soro ununterbrochen bis zu Alis sicherer Heimkehr.

Es war am Abend einer solchen Nacht, als Soro unwillkommenen Besuch von der Polizei erhielt. Soro kochte gerade Kichererbsen-Pasteten für ihren beiden Söhne im Alter von 5 und 7, als die Polizei in ihre Wohnung platzte. "Frau, bedecke dich!", bellte ein Offizier. Die Agenten trugen schwarze OP-Masken, um ihre Gesichter zu verdecken.

"Mama, Mama, wer ist das?", fragten die verängstigten Jungen. "Was  wollen die Männer?" "Es ist in Ordnung", beruhigte Soro. "Es ist die Geheimpolizei. Wir wussten, dass sie irgendwann kommen würden. " Die Polizei durchsuchte die Wohnung. Doch in Gottes Vorsehung hatte das Paar zwei Wochen zuvor die Bibeln in einem anderen Haus versteckt.

Dann kam Ali von einem Besuch bei einer Hausgemeinde zurück – und wurde ebenfalls verhaftet. Die beiden wurden mit verbundenen Augen zur Geheimpolizei gefahren – und getrennt. Soro fand sich in einem ungefähr 2,5 Meter breiten und sechs Meter langen, kahlen Raum wieder. Es war 23 Uhr, und sie hatte keine Ahnung, was mit ihr oder ihrer Familie passieren würde. Würden auch die Kinder verhört?  Wer kümmert sich um sie? Wie lange würde sie inhaftiert sein?

Lobpreislieder aus der Zelle

"Ich versuchte zu beten", sagte Soro, „aber es war einfacher, mich durch Singen mit Gott zu verbinden“.  Zuerst leise, aber als ihr Selbstvertrauen wuchs, begann sie lauter und immer lauter Lobpreislieder zu singen. „Alle im Gefängnis sollten hören, dass der HERRN die Liebe und die Wahrheit ist. Es fühlte sich wunderbar an, das Tal der Verfolgung standhaft zu sein.“

Nach zwei Wochen wurde Soro entlassen. Ohne Begründung. Und ohne zu wissen, ob auch ihr Mann freikommen würde. Nach mehr als einem Monat kam Ali zu Hause. Beide wurden angeklagt; wegen Verschwörung gegen den Staat und „Abfalls vom Islam“. In den nächsten Monaten mussten sie immer wieder vor neuen Richtern erscheinen – und hatten bei den Verhandlungen nur zwei Minuten Redezeit…

Immer neue Gemeinden – bald auch Missionare?

Die Kinder waren traumatisiert. Und über Soro und Ali hing das Damoklesschwert einer Verurteilung zu lebenslanger Haft. Nachdem sie noch eine Zeitlang Christen unterrichtet hatten, beschlossen sie, ihre Arbeit in einem sicheren Land fortzusetzen. Dort bilden sie heute iranische Apostaten zu Leitern aus, um neue Gemeinden zu errichten.

„Das Erstaunliche ist nicht nur die Erweckung im Iran“, sagt Ali, „auch das Potential, das in diesem Land steckt. Der Iran ist das einzige Land der Region, in dem alle Sprachen des Nahen Ostens gesprochen werden. Unser Traum ist, dass wir eines Tages iranische Missionare zurück in ihre ursprünglichen Länder senden können. Wir hoffen, dass der Iran eines Tages zum Land wird, das Missionare aussendet.“

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