Weg zur Gewissheit
Kenia

Weg zur Gewissheit

Abdiwelli Ahmed wuchs in Garissa, Kenia, auf und war mit ganzem Herzen Muslim. Er entstammte einer langen Reihe strenggläubiger Muslime aus Somalia. Der Islam läge ihm im Blut, wurde ihm gesagt, als er heranwuchs. Und Abdiwelli tat, was seine Familie von ihm erwartete: Schon während seiner Schulzeit wurde er der Leiter der islamischen Gesellschaft an seinem Gymnasium.

Doch als Abdiwelli sein Studium begann, fragte er sich, ob es nicht doch einen anderen Weg in den Himmel geben könnte. Wo würde er nach dem Tod sein? Er fing an, den Islam zu hinterfragen und den Koran mit der Bibel sowie Mohammed mit Jesus zu vergleichen. In der Bibel las er, dass Jesus Christus „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ ist und dass man nur durch den Glauben an ihn gerettet werde. Doch im Islam wurde ihm beigebracht, dass er in den Himmel kommen könne, wenn er fünf Mal am Tag bete, regelmäßig die Moschee besuche, den Armen helfe und gute Taten vollbringe. Abdiwelli wurde nachdenklich. „Tief in mir herrschte eine gewisse Leere“, sagte er, „denn im Islam gibt es keinen Frieden und keine ewige Gewissheit im Herzen der Menschen.“ Als er den Koran mit der Bibel verglich, fand er mehr als 500 Stellen im Koran, die ihm widersprüchlich erschienen. Auch den Propheten Mohammed sah er zunehmend in einem anderen Licht: „Mohammed selbst sagte, er wisse nicht, ob er in die Hölle oder in den Himmel komme, er kenne das Schicksal der Menschen nicht, die ihm folgten“, so Abdiwelli. „Mir wurde klar, dass der islamische Prophet mir nicht
den Weg ins Paradies weisen konnte.“

Je mehr Abdiwelli in der Bibel las, desto lieber wurde sie ihm. Die Schöpfungsgeschichte im 1. Buch Mose, das Kapitel über die Liebe im 1. Korintherbrief und die Abschiedsrede Jesu, besonders das Kapitel Johannes 14, bewegten ihn tief. Nach Gesprächen mit einem christlichen Freund wagte er es schließlich: Er begann, an Jesus zu glauben – und fand die tiefe Gewissheit, nach der er sich so lange gesehnt hatte.

Auf der Flucht

Als die anderen Studenten und Dozenten erfuhren, dass Abdiwelli den Islam aufgegeben hatte, sahen sie in ihm eine Gefährdung des Glaubens der anderen Studenten. „Ich wurde verprügelt“, sagte Abdiwelli. „Mein Leben war in Gefahr.“ Eines Tages traf ihn während eines Treffens mit Studienleitern ein Stein am Kopf. Die Platzwunde blutete stark und Abdiwelli rannte zum Haus seiner Mutter, um sich zu verstecken. Dort blieb er erst einmal. Wenige Tage später näherte sich eine Gruppe von etwa 40 Personen dem Haus. Wieder floh Abdiwelli, diesmal zum Haus eines Freundes. Er wusste, dass die Leute ihn töten wollten. Für den Moment war er zwar in Sicherheit, aber die Angriffe gegen ihn hörten nicht auf. Er beschloss, sich Rat bei einem Freund zu holen: Pastor Ibrahim. Der Pastor, der rund sechs Stunden entfernt lebte, kannte sich mit Evangelisation unter dem Volk der Somali aus. Er brachte Abdiwelli in einem StudentenmissionsZentrum einer anderen Stadt unter. Dort lernte Abdiwelli eine junge Frau namens Helen kennen.

Helen, die in Nigeria aufgewachsen war, begegnete Jesus als junges Mädchen. Während des Studiums fühlte sie sich zu einem Missionsdienst berufen und gründete eine Missionsorganisation in Großbritannien. Nachdem sie gelernt hatte, wie man das Evangelium an Muslime weitergibt, arbeitete sie in Kenia. Hier lernte sie Pastor Ibrahim und durch ihn Abdiwelli kennen. Sie erinnert sich noch gut daran. „Als ich Abdiwelli zum ersten Mal traf“, sagt Helen, „sprach er leidenschaftlich über seinen Glauben. Er sagte: ‚Ich liebe den Herrn und bin bereit, für Jesus zu sterben.‘“

Pastor Ibrahim (rechts) bezeichnete Abdiwelli als seinen Sohn im Glauben und als furchtlosen Evangelisten.

„Ich liebe den Herrn und bin bereit, für Jesus zu sterben.“

Gemeinsam im Dienst

Kurz darauf heirateten die beiden und ließen sich im Niger nieder, einem Nachbarland Nigerias, dessen Bevölkerung zu mehr als 90% aus Muslimen besteht. Drei Jahre lang blieben sie dort und arbeiteten unter dem Stamm der Tuareg, von denen viele durch ihr Zeugnis zum Glauben an Jesus kamen. Im Mai 1999 wurden sie zu einem Dienst unter Somali in Äthiopien berufen. Bald darauf ging es dann nach Garissa in Kenia, nur 150 Kilometer von der somalischen Grenze entfernt. Hier lebten zu jener Zeit fast nur Somali.

Helen und Abdiwelli arbeiteten in einem landwirtschaftlichen Entwicklungsdienst und nutzen jede Gelegenheit, um das Evangelium weiterzugeben. Doch es gab starken Widerstand gegen ihren Dienst. Eines Nachts kam eine Gruppe von Muslimen mit Benzinkanistern zum Haus des Ehepaars. Doch ein Regierungsbeamter, der gerade vor Ort war, beobachtete, was sich da anbahnte und lud Abdiwelli und Helen in seinen Wagen und brachte sie zur Polizeistation. Dort blieben sie sicherheitshalber über Nacht.

Trotz des Widerstands blieben Helen und Abdiwelli in ihrem Dorf. Sie begannen, sich mit anderen Christen zu treffen, um gemeinsam die Bibel zu lesen. In ihrem Entwicklungsdienst initiierten sie Projekte mit Bauern vor Ort und starteten zudem eine Eheberatung, eine Beratung für Drogenabhängige und ein Alphabetisierungsprogramm für Flüchtlinge. Abdiwelli hatte auch die Somali in den Nachbarländern im Blick, und so reiste er viel, um mit ihnen über Jesus zu reden. „Wir wollen Gott vielen Somali bekannt machen, damit sie als Jünger Jesu in ihre Heimat zurückkehren“, sagte er einmal.

Nach 20 Jahren von den Verfolgern eingeholt

In Somalia, wo es illegal ist, den Islam zu verlassen oder das Evangelium zu verkünden, werden neubekehrte Christen von der Terrorgruppe al-Shabab, aber auch von Familienmitgliedern verfolgt und getötet. Oft werden sie selbst dann noch von feindseligen Somali weiter verfolgt, wenn sie das Land verlassen haben. Im Februar 2013, 20 Jahre nachdem Abdiwelli sein Leben mit Jesus begonnen hatte, hatten seine Verfolger ihn endlich eingeholt: Drei Männer lauerten ihm auf. Mitten in der Stadt, als er gerade in einem Gespräch mit einem Pastor war, wurde er erschossen. Unter Schock floh Helen mit ihren Söhnen zunächst nach Nairobi in Kenia und schließlich in ihr Heimatland Nigeria. Sie hatte
jegliches Vertrauen in die Somali verloren, auch in diejenigen, die sich als Christen bezeichneten. „Ich möchte keinen Kontakt mehr zu ihnen haben“, sagte Helen nach ihrer Flucht. „Ich kann nicht sagen, wie sie wirklich denken.“

Abdwelli und Helen mit ihren Söhnen vor seinem Tod
Nach Abdiwellis Tod verließ Helen mit ihren Kindern Kenia, aber jetzt sind sie wieder zurückgekommen, um Jesu Liebe hoffentlich auch den Mördern zu bringen.

Leben nach dem Tod

Unser HMK-Partner hatte Abdiwelli vor seiner Ermordung als Mitarbeiter an vorderster Front unterstützt, er ermutigte und unterstützte Helen und ihre Söhne auch nach ihrer Flucht aus Kenia. „Wir haben neue Hoffnung gefunden, weil er uns als Menschen ernst nahm“, sagte sie. Trotz ihres großen Verlustes und ihrer Traurigkeit sagte Helen unserem Partner, sie wisse, dass Gott das Martyrium ihres Mannes nutzen werde, um sein Reich voranzubringen. „Wir haben einen siegreichen Gott“, bekannte sie. „Wir wissen, dass er auch in dieser Situation siegen wird.“ Helen erzählte, dass Gott sie und die Jungen in den Jahren, nachdem sie Garissa verlassen hatten, näher zu sich gezogen habe. „Wir haben die Bibel intensiver studiert als zu der Zeit, als Abdi bei uns war“, berichtete sie, „und wir haben im Laufe der Jahre neue Hoffnung und Ermutigung gefunden. Die können wir nun denen bringen, die verletzt und in ihrer Sünde verloren sind.“

Nach sieben Jahren besuchten Helen und die Jungen im Juni 2020 Garissa wieder. Eigentlich wollte Helen nicht in die Stadt zurückkehren, aber sie wusste, sie sollte es tun. In Garissa war Helen überrascht zu erfahren, dass Abdiwelli eine gewisse Berühmtheit erlangt hat und dass „jeder Somali sein Zeugnis kannte“. Sein Einfluss ist auch in den somalischen christlichen Gemeinden außerhalb von Garissa zu spüren. Das berichtet auch unser HMK-Partner: „Ich hatte die einmalige Gelegenheit, viele somalische Gemeinden in ganz Ostafrika zu besuchen ... und sogar in Europa und den USA. Ich glaube nicht, dass ich jemals irgendwo war, wo ich niemanden getroffen habe, der in irgendeiner Weise von Abdi beeinflusst worden war.“

Helen ist fest entschlossen, weiterhin Jesus nachzufolgen und unter somalischen Muslimen zu arbeiten, so wie es ihr Mann getan hat. „Wir sollten nie aufhören, die verlorene und sterbende Welt im Blick zu behalten – bis Jesus wiederkommt“, bemerkt sie. „Eine Freundin von mir, die Angst hat, in den Nordosten zu gehen, sagte mir, ich solle vorsichtig sein. Ich sagte ihr: ‚Wenn ich versuche, mein Leben zu retten, werde ich es verlieren.‘“

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