Bibeln für Nordkorea
Nordkorea

Bibeln für Nordkorea

Wie gelangen Bibeln nach Nordkorea? Davon berichtet Eric Foley, der Leiter unserer südkoreanischen Partnerorganisation, in diesem zweiten Teil des großen Nordkoreainterviews mit Missionsleiter Manfred Müller.

Manfred Müller: Für uns Christen in der westlichen Welt ist es selbstverständlich, eine Bibel zu besitzen. Aber wie sieht es in Nordkorea aus mit Bibeln?

Eric Foley: Bibeln sind illegal. Routinemäßig wird jedes Haus in Nordkorea mindestens zweimal jährlich durchsucht. Gesucht wird dabei unter anderem auch nach verbotener Literatur. Nordkoreanische Behörden sind sehr gründlich und wissen, was Bibeln sind und kennen die unterschiedlichen Formen, in denen es Bibeln gibt.

Christen können also gar keine Bibeln besitzen?

Im Jahr 2000 haben Ermittlungen ergeben, dass so gut wie kein Nordkoreaner jemals eine Bibel mit eigenen Augen gesehen hat. Das hat sich geändert. Im Jahr 2016 haben Ermittlungen ergeben, dass ca. 8% der Nordkoreaner die Bibel kennen.

Nordkoreanische Christen sehnen sich geradezu nach einer Bibel. Sie würden alles dafür tun, eine Bibel zu besitzen. Viele riskieren ihr Leben, um wenigstens an das Evangelium oder irgendeinen anderen Teil der Bibel zu kommen. Die Schwierigkeit besteht darin, die Bibeln nach Nordkorea zu transportieren. Es müssen Wege gefunden werden, die Bibeln ins Land und zu den Menschen zu bringen.

Was können wir tun, um Menschen in Nordkorea zu Bibeln zu verhelfen?

Es gibt drei Möglichkeiten, Nordkoreanern zu helfen, eine Bibel zu kommen. Die erste ist, Nordkoreanern im Ausland zu helfen, Bibeltexte auswendig zu lernen. Einige Nordkoreaner werden ins Ausland geschickt, um dort Geld zu verdienen, das dem nordkoreanischen Staat zugutekommt. So arbeiten Nordkoreaner im Mittleren Osten, in der Mongolei oder in Osteuropa. Einige Nordkoreaner dürfen ihre Familien in China besuchen. Es gelingt uns, unter diesen ganz unterschiedlichen Nordkoreanern im Ausland Jüngerschaftsschulungen durchzuführen. Natürlich diskret und im Verborgenen. Dabei ermutigen wir insbesondere zum Auswendiglernen von Bibeltexten. Das ist wichtig, denn wenn diese Geschwister wieder zurück in ihr Heimatland gehen, nehmen sie diese Texte in ihren Herzen mit.

Auch Radioprogramme können das Auswendiglernen fördern. Man schätzt, dass etwa 20 % der Bevölkerung ein Radio besitzt. Radios in Nordkorea sind voreingestellt auf die Frequenz der Regierung. Es ist illegal, ein Radio zu besitzen, auf dem man die Frequenzen frei einstellen kann. Aber diese Radios werden dennoch von Nordkoreanern aus China ins Land geschmuggelt. So können unsere Programme gehört werden, die über verschiedene Frequenzen ausgestrahlt werden. Wichtigster Inhalt der Programme ist das Vorlesen von Bibeltexten.

Die zweite Möglichkeit ist das Weitergeben von Teilen der Bibel. Das kann natürlich nie en gros geschehen. Aber es geschieht. So gelangen Bibelteile in nordkoreanische Haushalte. Das ist gefährlich wegen der regelmäßigen Hausdurchsuchungen. Hier wirkte sich das Corona-Virus übrigens als hilfreich aus. Weil die Beamten Angst hatten, sich bei den Hausdurchsuchungen anzustecken, gingen sie nicht gründlich vor. Insgesamt bedeuten die Corona-bedingten Einschränkungen für nordkoreanische Christen Chancen: Wenn man zu Hause bleiben muss, kann man die Radioprogramme hören, in denen aus der Bibel vorgelesen wird.

Die dritte Möglichkeit sind größer angelegte Verteilaktionen, vor allem unsere Ballonaktionen. An etwa 15 Tagen im Jahr - zwischen Mai und September, wenn die Witterungsverhältnisse passen - können wir mit heliumgefüllten Ballons Bibelteile von Süd- nach Nordkorea fliegen lassen. In den Ballons ist ein Mechanismus eingebaut, der sie in großer Höhe aufgehen lässt. Die Bibelteile sind so gefertigt, dass sie zu Boden gleiten, und sich so in einem Radius von 50-100 Kilometern verteilen. So haben wir seit 2005 jährlich 25.000 Bibeln nach Nordkorea transportieren können.

„Nordkoreanische Christen sehnen sich geradezu nach einer Bibel.“

Viele nordkoreanische Christen würden alles riskieren, um an eine Bibel zu gelangen.

Was ist das Besondere an nordkoreanischen Christen?

Was die Leute am meisten überrascht: Nordkoreanische Christen beten in der Regel nicht für einen Regimewechsel. Niemals in all den Jahren habe ich einen nordkoreanischen Christen getroffen, der sagte, wir bräuchten eine andere Regierung. Für sie gilt das Gebet „für alle Obrigkeit“, zu dem wir in der Bibel angehalten werden. Ich glaube, das Besondere an diesen Christen ist, dass sie solch ein Vertrauen in Jesus haben, dass sie ihre Regierung nicht wahrnehmen als etwas, dass das Handeln Gottes einschränkt, sondern als etwas, durch das Gott sich nur umso mehr verherrlicht.

Was können wir von nordkoreanischen Christen lernen?

Manchmal sagt jemand zu mir: „Ich bete jeden Tag dafür, dass das Evangelium nach Nordkorea kommt.“ Dann antworte ich: „Das ist gut! Aber ich bete auch dafür, dass das Evangelium aus Nordkorea herauskommt. Dass der Glaubensfunke auf uns überspringt. Denn der Glaube, den nordkoreanische Christen unter diesen Einschränkungen leben, fehlt uns Christen im Rest der Welt – und wir brauchen ihn so dringend.

Ein Bruder, den ich gefragt hatte, wie wir für Christen in Nordkorea beten könnten, antwortete mir: „Betet nicht FÜR uns, betet MIT uns. Betet, dass Gott es jedem einzelnen von uns schenken möge, treu zu sein in den Umständen, in denen wir leben und in die Gott uns gestellt hat.“ Wir dürfen lernen, für unsere nordkoreanischen Geschwister zu beten, dass Gott sie mit dem ausrüstet, was sie brauchen, um treue Zeugen zu sein im Straflager, in der Armee oder als Leiharbeiter.

Christen überall auf der Welt können von nordkoreanischen Christen lernen, sich nicht zu entrüsten, sondern Gott zu vertrauen. Nicht die Regierung, die Gesellschaft, die Moral muss sich ändern. Nicht die anderen müssen sich ändern. Ich muss mich ändern und verstehen lernen, dass ich in Jesus alles habe, was ich brauche, und dass er für alles ausreichend ist. Das lehrt die Bibel.  Darum ist es so wichtig, die Bibel und mit ihr Hoffnung nach Nordkorea zu bringen.

Zum Weiterlesen


Gefangen in Nordkorea
15 Euro

Kenneth Baes Geschichte mit Gott im Straflager

Bestellen

Anteilnehmen und Lernen

„Stimme der Märtyrer“ – Das Magazin der Hilfsaktion Märtyrerkirche

Das Magazin gibt den um ihres Glaubens Willens verfolgten und bedrängten Christen eine Stimme durch ...

  • authentische Berichte von Glaubensgeschwistern,
  • ergreifende Reportagen über ungewöhnliche Erlebnisse,
  • interessante Länder-Infos und
  • aktuelle Gebetsanliegen.
Das alles und noch viel mehr finden Sie monatlich auf zwölf Seiten, die herausfordern und Mut machen.

Jetzt kostenlos abonnieren
Jetzt abonnieren