Warum machen die das?

18.12.2018


In Göttingen gibt es seit 2017 eine kleine christliche Hochschulgruppe, „Reformatio 21“. Immer mal wieder lädt sie zu Vorträgen über den Glauben und Diskussionsrunden über aktuelle Fragen der Gesellschaft ein. Als es Ende November einen Vortrag von Abdul Memra, bekannt durch seinen YouTube-Chanel „Abdul Memra TV“, gab, kamen nicht nur interessierte Gäste: Linke Studentengruppen haben protestiert und randaliert.



Friedhelm Appel begleitet und berät die Hochschulgruppe „Reformatio 21“ und hat uns heute in einem Interview von dem Vortrag berichtet.

HMK: Herr Appel, um was sollte es in der Veranstaltung gehen?

Appel: Das Thema der Veranstaltung war „Gehört der Islam zu Deutschland“. Abdul Memra sprach über die Unterschiede zwischen Christentum und dem Islam, über die Scharia und das Grundgesetz und über die Kernbotschaft des christlichen Glaubens.

HMK: Abdul Memra ist aber auch provokant…

Appel: Er wirkt provokant, weil wir andere Begriffe verwenden als er (Political Correctness). Aber was er sagt, sind die Grundaussagen des christlichen Glaubens – die vor ein paar Jahren noch niemandem hinter dem Ofen hervorgeholt haben.

HMK: Aber jetzt holt es die Leute hinter dem Ofen hervor? Inwiefern?

Appel: Vier Wochen vorher hatten wir einen Vortrag zum Thema Abtreibung und Lebensrecht vor der Geburt, da wurden zwei linke Studentengruppen auf uns aufmerksam und hatten da schon lautstark gegen unserer Veranstaltung protestiert. Zum Vortrag von Abdul Memra kamen insgesamt ca. 100 Leute, die Hälfte von ihnen hat den Vortrag gestört, dazwischen gerufen, auf die Tische geklopft. Vor dem Saal haben sie mit Trommeln und Geschrei Lärm gemacht und Anti-Flyer gegen Abdul Memra und unsere Hochschulgruppe verteilt.

HMK: Wie haben Sie auf die Unruhestifter reagiert?

Appel: Wir haben Raumverweise ausgesprochen, unsere Ordner, die Uni-Security und dann auch die Polizei kamen uns zu Hilfe. Manche haben dann mit viel Theatralik und Provokation den Raum verlassen. Ihr Protest war nicht argumentativ, sie haben keine Gegenargumente gebracht, sie haben einfach nur gestört, weil wir eine „fundamentalistische, naive Hochschulgruppe und Abdul homophob“ seien.

Im zweiten Teil des Abends ist es das dann besser geworden. Plötzlich kamen dann Fragen, die echt waren: Was ist der Unterschied zwischen Islam und Christentum? Ist die Bibel nur erfunden? Oder zum Toleranzbegriff: Was bedeutet es, jemanden zu lieben und gleichzeitig eine andere Meinung zu haben. Da ist auf jeden Fall was angekommen.

HMK: Inwiefern?

Appel: Abdul Memra ist einfühlsam auf die Leute eingegangen. Er hatte Bibelstellen zum Thema parat, die wir dann einfach gelesen und darüber gesprochen haben. Einer jungen Frau hat er ein Buch geschenkt. Er hat ihr Wertschätzung entgegengebracht, obwohl sie zunächst recht aggressiv eine unterschiedliche Meinung vertreten hatte. Darüber war sie sehr gerührt und hat das auch zum Ausdruck gebracht.

HMK: Um die Frage einer Ihrer Zuhörerinnen aufzugreifen: Warum machen Sie das?

Appel: Wir wollen unseren Glauben umsetzen. Wir wollen darüber sprechen, einladend erklären, hinweisen und Position beziehen. Jesus ist einzigartig. Die Botschaft vom Kreuz ist wertvoll, sie bringt Liebe, Vergebung und neues Leben. Das kann man nicht häufig genug sagen.

Der Auftrag, den Jesus uns gibt, ist ein Auftrag für die Öffentlichkeit. Das Evangelium gehört in die Öffentlichkeit, nicht in die Winkel. Das kostet zwar mehr Kraft und Energie, aber davor sollten wir uns nicht fürchten. Das ist es auch, was die Märtyrer tun: Bekennen. Öffentlich für den Glauben einstehen, auch wenn es etwas kostet- das muss nicht gleich Blut sein.

In unserer Gruppe sind auch Politikstudenten – sie wollen Diskussionen gerade über solche aktuellen Themen anregen. Wir haben in Deutschland diese Freiheit, über alles sprechen zu dürfen. Wenn wir diese Freiheit nicht nutzen, werden wir sie verlieren.

HMK: Unter diesem Gesichtspunkt war Ihr Abend gar nicht so erfolglos, oder?

Appel: Was nützen uns 99 Gerechte wenn kein Gast in unserem Vortrag ist? Wir sind bereit, uns den Leuten zu stellen, auch wenn das kein Zuckerschlecken ist. Es ist notwendig, hilfreich und wertvoll.

HMK: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Appel, und Gottes Segen für Ihren Dienst.

 

Zur Person:

Friedhelm Appel war mehrere Jahre Bildungsreferent der Hilfsaktion Märtyrerkirche (HMK) und ist nun beratend und motivierend mit Antiochia Teams unterwegs, um geistliche Gemeindeaufbrüche zu fördern und zu initiieren.