Naher Osten: Mein irdischer und mein himmlischer Vater

20.07.2020


Die Beziehung zu ihrem Vater ist eine der größten Herausforderungen ihres Lebens. Erst eine Begegnung mit ihrem himmlischen Vater konnte Yamara von den Verletzungen durch ihren irdischen Vater heilen.



Teenager auf einer christlichen Jugendfreizeit im Nahen Osten

Yamara ist 16 Jahre alt und kommt aus Ägypten. Zusammen mit ihren Eltern und fünf Geschwistern wohnt sie in einer sehr kleinen Wohnung am Rande einer Großstadtmetropole im Nahen Osten. Die Familie gehört der christlichen Minderheit an und wird deshalb von staatlicher und gesellschaftlicher Seite diskriminiert. So kam Yamara zu einem von der HMK unterstützen Jugendprogramm. Doch ihr größtes Problem waren nicht die Anfeindungen auf der Straße, ihr größtes Problem war ihr Vater zu Hause.

„Mein Vater ist sehr jähzornig. Im schlimmsten Fall schlägt er auf alles und jeden ein, der nicht schnell genug außer Reichweite ist“, erzählt sie. „Seit ich denken kann, fürchte ich mich vor meinem Vater, ja, ich hasse ihn sogar. Oft hoffen meine Geschwister und ich insgeheim, dass er eine schlimme Krankheit bekommt, damit unser Leiden zu Hause ein Ende hat. Besonders demütigend war es für mich, als er mich einmal sogar vor meinem Freund, der zu Besuch war, geschlagen hat.

Meine Kindheit und Jugend war von so viel Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung geprägt, dass ich mir das Leben genommen hätte, wenn ich nicht noch mehr Angst davor gehabt hätte, dass Gott mich dafür dann ewig strafen würde. Ich fragte mich, warum Gott so viel Schmerz und Leid in meinem Leben zulässt. War ich vielleicht Schuld an all dem? War es eine Strafe Gottes? Was hat das Leben für einen Sinn, wenn es doch nur Leid mit sich bringt? – Was ich doch für ein verzerrtes Bild von Gott und seiner Gerechtigkeit hatte!

Weil wir Christen sind, wurde ich zu einer christlichen Jugendfreizeit eingeladen. Da hatte definitiv Gott seine Finger im Spiel, denn dort kam ich den Antworten auf all diese Fragen einen Schritt näher. Als die anderen Mädchen in der Gruppe ihre Geschichten erzählten, wurde mir klar, dass ich gar nicht das Opfer war, als das ich mich selbst wahrgenommen hatte. Viele Menschen stehen in ihrem Leben vor größeren Problemen als ich, aber weil sie alles an Jesus abgeben, können sie ihren Blick auf die Segnungen des Lebens richten. So begann sich etwas in mir zu wandeln. Ich betete zu Gott und verstand schließlich, dass ich nicht allein war.

Aber obwohl ich mich veränderte, änderte das ja nicht direkt meine Situation zu Hause. Ich wusste, nach der Jugendfreizeit würde ich wieder in dasselbe Haus, zu demselben missbräuchlichen Vater zurückkehren. Denn auch wenn Gott unsere Gebete hört, antwortet er nicht immer sofort. Gebete wirken Wunder, aber das wahre Wunder an diesem Tag war, dass mein gebrochenes Herz geheilt wurde. Ich konnte lieben und verzeihen. Ich weiß jetzt, dass ich allen Misshandlungen widerstehen kann, weil ich unter Gottes Liebe und seinem Schutz sicher bin – ein Geschenk von Gott an seine geliebte Tochter.

Früher dachte ich, dass Gott sich mir gegenüber ungerecht verhält, mich nicht lieben kann und ich ihm egal bin. Aber zum Glück habe ich nun begriffen, dass Gott nicht für die Handlungen meines Vaters verantwortlich ist. Im Gegenteil, er ist mein himmlischer Vater, weshalb es ihn traurig macht, mich durch die Hand meines irdischen Vaters leiden zu sehen. Die Leiter erklärten mir, dass Gott versucht, das Beste aus meinem Leben und meiner Situation zu machen, weil er mich unendlich liebt. Der eindeutige Beweis dafür ist, dass er mich auf diese Freizeit geschickt hat, wo ich genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Mit diesem Gottvertrauen kann ich nun für meine eigene zukünftige Familie das bestmögliche Leben planen, damit es in meinem eigenen Haushalt einmal besser wird, als das, was ich augenblicklich bei meinem Vater erlebe.

Während der Freizeit betete ich leidenschaftlich zu Gott und sagte: ‚Herr, ich liebe dich sehr. Ich danke dir, dass du mich auf diese lebensverändernde Freizeit gebracht hast. Ich verspreche, weiter zu beten und wahre Hoffnung zu haben, dass mein Vater sich ändern kann. Vergib mir, dass ich früher falsch von dir gedacht habe, und bitte hilf mir, ein ansteckendes Licht für andere zu sein. Amen.’