“Kindermund…

29.06.2020


… tut Wahrheit kund”, sagt man, wenn Kinder ahnungslos intime Tatsachen ausplaudern, die man lieber für sich behalten hätte. Was in Deutschland schon höchst unangenehm sein kann, brachte Charda* auf der arabischen Halbinsel in ernsthafte Schwierigkeiten: Ihr Sohn erzählte seinen Großeltern, dass er mit Mama betet. Hier erzählt sie ihre Geschichte.



„Meine familiäre Situation ist sehr schwierig. In meiner Kultur werden Kinder nicht nur von den Eltern erzogen, sondern von der gesamten Großfamilie. Die Großeltern, Tanten, Onkel... alle wollen mitreden. Es ist eine Herausforderung, das eigene Kind so zu erziehen, wie man es als Mutter möchte. Noch schwieriger wird es, wenn man Christin ist und der Rest der Familie Muslime.

Es ist mein Wunsch, meinem Sohn von klein auf die Wahrheit zu erzählen und ihn zu einem reifen Christen zu erziehen. Doch wes‘ das Herz voll ist, des‘ geht der Mund über: Natürlich hat er seinen Großeltern erzählt, dass wir zu Hause gemeinsam miteinander beten und in der Bibel lesen.

Das hat bei meinen Verwandten große Bedenken ausgelöst und den Druck auf mich erhöht. Sie nahmen ihn heimlich mit in die Moschee oder lehrten ihn islamische Gebete. Ich war so verzweifelt, dass ich kaum in der Lage war, zu arbeiten und mich auf mein Leben zu konzentrieren.

Um Abstand von ihnen zu bekommen, bin ich mit meiner kleinen Familie umgezogen. In ihrer Nähe wäre es unmöglich gewesen, meinen Glaubensweg fortzusetzen und auch die Arbeit, die ich tue, auszuführen – zu groß ist der Druck, den die Familie ausübt.

Aber auch an meinem neuen Wohnort setzten meine Eltern alles daran, meinen Sohn zu sich zurück zu holen. Sie versuchten, ihn zu überreden, zu ihnen zu ziehen. Alle möglichen Vorwände ließen sie sich einfallen, um zu uns kommen zu können und ihn mitzunehmen. Wenn sie uns besuchten, ließ ich meinen Sohn nicht aus den Augen. Selbst nachts schlief ich in seinem Zimmer und tagsüber nahm ich ihn mit zur Arbeit, denn es ist nicht ungewöhnlich, dass rachsüchtige Großeltern ihre Enkelkinder von deren Eltern entführen. Aber ich wollte meinen Sohn selbst erziehen und ihn auf dem Weg von Jesus führen!

Durch eine Initiative, die mit der HMK befreundet ist, fand ich einen Berater, der mir mich dabei unterstützte, die Situation zu meistern. Mehrere Ortswechsel innerhalb und außerhalb meines Heimatlandes halfen mir, meiner gefährlichen Lage zu entkommen. Ich traf Glaubensgeschwister, denen es ähnlich ging wie mir. Sie empfahlen mir eine gute Schule und der HMK-Partner bezuschusste das Schulgeld. Dass mein Sohn nun in einer angesehenen Schule ist, war für uns der Schlüssel zu mehr Freiheit. Gegen das Argument, dass er nun in meinem Haushalt bleiben muss, weil er einen Platz an dieser Schule hat, konnten meine Eltern nichts sagen. Die gute Ausbildung, die er bekommt, beeindruckt sie. Das und vielleicht auch mein veränderter Umgang mit ihnen, meine freundlicherer Tonfall, haben dazu geführt, dass ihr Druck auf mich deutlich abgenommen hat. Jetzt kann ich mich auch besser auf meine Arbeit und mein Leben konzentrieren.“

 

 

* Name geändert