Lebendiges Wasser für alle
Kolumbien

Lebendiges Wasser für alle

Unsere HMK-Mitarbeiterin hat Christen im Dschungel Kolumbiens besucht

Ich bin unterwegs, mitten im Dschungel Kolumbiens, in einer sogenannten „Roten Zone“ – so werden die Gegenden genannt, die von Drogenkartellen und teilweise auch immer noch von Guerillakämpfern beherrscht werden. Es sind gefährliche Gebiete, selbst für Einheimische: Die Hauptstraße wird noch vom Militär bewacht, aber schon wenige Kilometer abseits kann man keine Sicherheit mehr garantieren. Ausländer, bekomme ich gesagt, sollten sich nicht hierher verirren.

Ich begleite unseren Projektpartner, stundenlang sind wir in einem kugelsicheren Auto unterwegs zu unserem Treffpunkt mit Sofia*. Sofia ist Indianerin, sie gehört zu einem indigenen Stamm, der hier in der Gegend lebt. Unser Projektpartner will ihr einen neuen Wasserfilter aushändigen. Als wir ihr schließlich begegnen, reicht es nur für einen kurzen Austausch. Sie berichtet uns, dass sie seit etwa zwei Wochen beobachtet wird und möglichst vor der Dunkelheit wieder in ihr Dorf zurückkehren muss. Die Dämmerung ist schon angebrochen. Wir verabreden uns für ein längeres Gespräch in der Stadt.

Als sie und ihr Mann mir ein paar Tage später schließlich gegenüber sitzen, schaue ich in die dunklen Augen einer lebhaften Frau. Sie erzählt mir ihre Geschichte:

Sie arbeitete als Lehrerin, als sie Jesus in ihr Herz aufnahm und Christin wurde. Kennengelernt hatte sie den christlichen Glauben schon mit sieben Jahren – in einer kleinen Dorfschule geleitet von Missionaren. Und nun, als Erwachsene, entschied sie sich schließlich mit ganzem Herzen dafür. Deshalb wollte sie ihre Schüler auch nicht mehr entgegen ihrer christlichen Überzeugung unterrichten. „Sie haben mich gezwungen zu lehren, dass Ausländer unsere Feinde sind und dass alle Unternehmen uns gehören; dass sie nicht an Gott, sondern die Elemente wie das Wasser glauben sollen“, zählt Sofia als Beispiele für die kommunistische Ideologie und den Naturglauben auf, die in ihrer Schule gelehrt wurden. Als sie sich schließlich auch noch weigerte, den Kindern magische Praktiken beizubringen, wurde sie entlassen und mit ihrer Familie aus der Dorfgemeinschaft vertrieben. Zu diesem Zeitpunkt waren ihre eigenen Kinder schwer krank, sie hatten jegliche Unterstützung verloren und damit nicht einmal mehr Zugang zu sauberem Trinkwasser.

„Die Regierung hat zwar die indigenen Bevölkerungsgruppen anerkannt und ihnen Rechte und Unterstützung zugesichert. Aber die indigenen Gruppen geben diese Unterstützung nicht an Christen weiter“, erklärt mir unser Projektpartner. Er lernte sie in dieser schwierigen Zeit kennen und stellte ihr einen ersten Wasserfilter zu Verfügung. Inzwischen hat Sofia schon einen zweiten Wasserfilter bekommen – für die christliche Schule, die sie mittlerweile leitet. Es ist dieselbe Schule, in die sie als Kind gegangen ist. Nachdem die Missionare, die diese Schule geführt hatten, gestorben waren, gab es finanzielle Probleme. Die Schule stand kurz vor der Schließung. Doch Sofia kämpfte um ihr Fortbestehen. Nun besuchen 159 Schüler sie, zumeist Kinder aus indigenen und einheimischen Familien, die von Landwirtschaft leben.

Sofias Dorfschule befindet sich mitten in einem Drogenanbaugebiet
Ein Klassenzimmer in Sofias Schule

Die Schule befindet sich in einer bergigen Region, die von Drogenkartellen beherrscht wird – mitten in den Drogenanbaugebieten. Das stößt auf Widerstand. Sofia hat mehrfach Morddrohungen erhalten, man will sie dazu zwingen, die Region zu verlassen. Aber die Lehrerin bleibt stark: „Ich gehe hier nicht weg, ich will ein Licht sein mitten in der Finsternis. Ich will die Region verändern!“ Und so lehrt sie die Kinder unbeirrt christliche Werte, erzählt ihnen Geschichten aus der Bibel und ermutigt die Familien, keine Kokapflanzen mehr anzubauen. Damit hat sie sich aber nicht nur die Drogenmafia zum Feind gemacht, auch radikale indigene Gruppen versuchten immer wieder, die Schule zu boykottieren. „Sie haben zur Abschreckung tote Tiere vor der Schule aufgehängt; sie haben uns mit Zauberkräften verflucht und sie haben versucht, mich und meinen Mann umzubringen“, erzählt Sofia. Bisher ohne Erfolg, denn Sofias Einsatz trägt im wahrsten Sinne des Wortes Früchte:

Die Eltern bekommen von ihren Kindern erzählt, was sie in der Schule gelernt haben, und bemerken die positiven Veränderungen an ihnen. Einige haben sich daraufhin bekehrt und anschließend ihre Kokapflanzen ausgerissen, um ihre Felder mit Getreide und Gemüse zu bestellen. Mitten zwischen den Kokaplantagen findet man jetzt Bananen, Tomaten und Salat – von Christen, die sich wie Sofia weigern, dem Druck der Drogenkartelle nachzugeben.

 

Das saubere Wasser, das Sofia und der Schule nun durch die Wasserfilter zur Verfügung steht, teilen sie mit den Nachbarn in ihrer Umgebung. Das steigert nicht nur ihre Akzeptanz, sondern ist auch ein Türöffner für das Evangelium. Denn wenn Sofia und ihr Team das Wasser verschenken, geben sie auch etwas vom „Wasser des Lebens“ weiter: Es ist ihnen ein großes Anliegen, den Menschen von Jesus zu erzählen.

Durch ihre Arbeit ist Sofia in der Region bekannt geworden. Inzwischen steht sie sogar unter dem Schutz des Bürgermeisters. Die Guerillas in der Gegend haben gelernt, sie zu respektieren. Und auch ich bin sehr beeindruckt von ihrem Mut und ihrem Engagement. Sie denkt nicht nur an sich und ihre Familie. Sie könnte ihre Familie in Sicherheit bringen. Doch stattdessen lebt sie mit ihrem Mann und ihren Kindern in ständiger Gefahr, um ihre Nachbarn mit dem Evangelium zu erreichen. Und noch mehr als das: Sie hofft, dass sich die ganze Region, ja sogar die ganze Nation durch das Evangelium verändert. 

Mit den Wasserfiltern haben wir Sofia ein Werkzeug gegeben, den Missionsauftrag zu erfüllen. Es ist ein kleines Werkzeug mit großer Wirkung. Zum Abschied zitiert Sofias Ehemann Psalm 14,21: „Aber wohl dem, der sich über den Elenden erbarmt“. Mit Tränen in den Augen sagt er: „Wir hatten nichts, jetzt haben wir Wasserfilter und Bibeln. Ohne eure Hilfe und die Wasserfilter, wäre diese wertvolle evangelistische Arbeit nicht möglich. Sie öffnen uns die Türen zu unseren Nachbarn und sogar zu den Menschen, die uns bedrängt und verfolgt haben. Danke, es befähigt uns, missionarisch tätig zu sein. Und wir haben sogar etwas, das wir selbst unseren Verfolgern geben können.“

 

*Name aus Sicherheitsgründen geändert

Ein Wassertank, mit deren Hilfe ein christliches Dorf mit Trinkwasser versorgt wird

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